Riten des Übergangs
Zwölf Aspekte für die Gestaltung von Ritualen in der Sterbebegleitung
Dieser Text beruht auf einem Vortrag von Lisa Freund auf dem ökumenischen Kirchentag in der Emmaus- Gemeinde Berlin im Rahmen des Programms „Den Sterbenden ein Segen sein“ im Jahr 2003. Es handelt sich um eine vollständig überarbeitete Neufassung vom August 2016. Darin geht es um die Wirkungskraft von Ritualen, wie man ein Ritual gestalten kann, die Bedeutung von Symbolen und symbolischen Handlungen, um Gefahren des Ritualmissbrauchs ebenso wie um die Nutzung der heilsamen Kraft von Energiefeldern. Es gibt praktische Hinweise zur Durchführung von Ritualen und eine Aufklärung über Risiken. Ein Ritual ist keine chaotische Angelegenheit. Es beruht auf präziser Detailplanung und Regeln, die gelten, damit es seine Wirkung entfalten kann, sowie einer kompetenten Leitung. Im Zentrum eines gelungenen Rituals steht der Brückenschlag ins Überpersönliche, dem Raum, aus dem Heilung kommt. Deutlich wird: Ritual und Fest gehören immer zusammen. Das Menue unterhalb des Textes ermöglicht es Ihnen, jeden der zwölf Aspekte von Ritualen gesondert aufzurufen und gegebenenfalls auszudrucken. So können Sie sich über einen einzelnen Ritualaspekt informieren, ohne den gesamten Text zu studieren. Hier ist die Gliederung.
- Endlich-leben
- Wer oder was stirbt?
- Die drei Ebenen von Ritualen
- Symbole verhüllen und legen bloß
- Worauf man bei Riten achten muss
- Rituelle Kraftfelder
- Christliche Abschiedsrituale
- Den Abschied wieder nach Hause holen
- Der Tod führt in die Todlosigkeit
- Ideen für die Gestaltung von Abschiedsritualen
- Tipps
- Kleine Textsammlung
1. End-lich leben
Da der Tod – genau zu nehmen – der wahre Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich seit ein paar Jahren mit diesem wahren, besten Freunde des Menschen bekannt gemacht, dass sein Bild nicht nur nichts Schreckendes für mich hat, sondern recht viel Beruhigendes und Tröstendes.
Und ich danke meinem Gott, dass er mir das Glück gegönnt hat, mir die Gelegenheit zu verschaffen, ihn als den Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit kennen zu lernen.
Ich lege mich nie zu Bette, ohne zu bedenken, dass ich – so jung als ich bin – den anderen Tag nicht mehr sein werde … Und für diese Glückseligkeit danke ich meinem Schöpfer und wünsche sie von ganzem Herzen jedem Mitmenschen.Wolfgang Amadeus Mozart
Mozart lebt im Bewusstsein, dass sein Leben jeden Augenblick zu Ende sein kann. Dies bedeutet nicht, dass er als Griesgram durch die Welt geht, im Gegenteil, er empfindet, indem er sich der Vergänglichkeit stellt, eine tiefe Verbundenheit mit dem Urgrund des Seins. Das ist Freude, eine Glückserfahrung. Jeder Augenblick erscheint so wertvoll, ist ein Geschenk. In unserer Gesellschaft ist eine solche Haltung zum alltäglichen „Stirb und Werde“ aus der Mode gekommen.
Obwohl die Konsumgesellschaft das Geschäft mit der Vergänglichkeit im Warenaustausch angeht und davon lebt, pflegen wir, ihre Bürger, eher die Verdrängung von dem, was alles zu Ende gehen kann und wird. Unsere Zukunftsorientierung richtet den Blick auf den Neubeginn. Dass vor dem Neubeginn der Abschied vom Alten kommt, ignorieren wir. Oft verstauen wir die Abschiedsschmerzen in der Verdrängungsschublade und holen sie dann in Therapiesitzungen wieder heraus, wenn sie in uns aus dem Gleichgewicht gebracht haben.
Es käme in dieser Welt einer kleinen Revolution des Bewusstseins gleich, würden wir end-lich leben. Wir hätten dann die Einsicht: Mit dem Tod vor Augen, gewinnt das Leben an Wert, steigt die Lebensintensität, gehen wir sinnvoller mit der Lebenszeit um, handeln wir mitfühlender. Aus der Wertschätzung für uns selbst, die darin wurzelt, zu erkennen, wie unendlich wertvoll es ist, dieses Leben im begrenzten Zeitrahmen, in diesem Körper, auf dieser Erde leben zu dürfen, entspringt die Liebe zu anderen fühlenden Wesen, denen wir in ihrer Einzigartigkeit begegnen dürfen. Das ist ein Gewinn. Wovor fürchten wir uns?
- Ein Pechvogel… - 16. Dezember 2022
- Gespenster als Wegweiser - 27. Oktober 2022
- Den Frieden in uns nähren - 5. März 2022
Eine Antwort
[…] Uller Gscheidel erläutert, dass Rituale eine Gemeinschaft schaffen und Übergänge erleichtern. Aus der Sicht des Bestatters schreibt er, worauf man unbedingt achten sollte. In unserem Menu finden Sie unter der Rubrik Rituale weitere Artikel zur Gestaltung einer Trauerfeier ebenso wie einen Überblickstext zum Thema Riten des Übergangs. […]