Die Entwicklung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland

Menschen, die mit einer nicht heilbaren und fortschreitenden Erkrankung konfrontiert werden ebenso wie deren nahe stehenden Menschen stehen oft vor vielfältigen Problemen und Schwierigkeiten. Die Erkrankung wirkt sich dabei auf den ganzen Menschen in seiner gesamten Dimension aus, d.h. körperlich, psychisch, sozial und spirituell.

Die Dame Cicely Saunders, Gründerin des ersten stationären Hospizes in Europa, dem St. Christopher`s Hospice in London, prägte in den 60er Jahren den Gedanken des Palliative Care.

Heute, mehr als 50 Jahre nach dem Beginn der Hospizarbeit und Palliativversorgung ist die Palliativversorgung in unserem Gesundheitswesen fest verankert. Nach dem Bundesministerium für Gesundheit ist unter Palliativversorgung die Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen zu verstehen, wobei auch die Schmerztherapie im ambulanten und stationären Bereich dazugehört. Palliativmedizinisch werden Patientinnen und Patienten insbesondere durch Vertragsärzte, Pflegedienste und stationäre Einrichtungen versorgt. Die Leistung zielt darauf ab, dem Wunsch schwerstkranker Menschen zu entsprechen, möglichst in der eigenen häuslichen Umgebung in Würde zu sterben [1] Nach der Definition Palliativversorgung des Bundesministeriums für Gesundheit. http://www.bmg.bund.de/themen/krankenversicherung/leistungen/palliativversorgung.html (letzter Aufruf 12.10.2016) .

Nach Sitte [2] Sitte T. Palliative Versorgung statt Beihilfe zum Suizid und Tötung auf Verlangen? Über eine mögliche Notwendigkeit lebensverkürzender Maßnahmen. Dissertation zur Erlangung des Grades eines … Continue reading kann das Wort „Care“ zwar mit dem deutschen Wort „Versorgung“ wiedergegeben werden, umfasst jedoch deutlich mehr wie „Sorgen für“, „Pflegen“ und die „medizinische Behandlung“. Insbesondere sind auch die „hospizliche Haltung“ und „ehrenamtliche Begleitung“ mit eingeschlossen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Palliative Care wie folgt [3]WHO Definition of Palliative Care Deutsche Übersetzung. www.dgpalliativmedizin.de/images/stories/WHO_Definition_2002_Palliative_Care_englisch-deutsch.pdf: Palliative Care ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen. Dies geschieht durch Vorbeugung und Lindern von Leiden, Linderung des Leidens mittels frühzeitiger Erkennung und korrekter Beurteilung der Behandlung von Schmerzen und anderen Beschwerden körperlicher, psychologischer und spiritueller Art.

Palliative Care umfasst sowohl die palliative Versorgung als auch die Hospizkultur und sieht den Menschen in seiner Gesamtheit.

„Es macht schutzbedürftige Menschen so verletzlich, dass sie glauben, sie wären eine Last für die anderen. Die Antwort ist eine bessere Betreuung der Sterbenden, um sie zu überzeugen, dass sie immer noch ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft sind“ betonte Cicely Saunders.

Vor gut 30 Jahren haben Hospizbewegung und Palliativmedizin in Deutschland angefangen, wesentliche Schritte auf dem Weg zur Verbesserung der Lebensqualität sterbender Menschen zu gehen. Die Hospizbewegung leistet hier ehrenamtlich auch einen wesentlichen Beitrag zur Unterstützung Angehöriger und nahe stehender Menschen. Erfreulicherweise haben sich beide Bewegungen dynamisch weiterentwickelt, und vieles konnte in unserem Land erreicht werden. So ist in den letzten Jahren ein unterschiedliches Netz palliativmedizinischer und hospizlicher Organisations- und Versorgungsstrukturen entstanden. Auch hat die Anzahl der jeweiligen Einrichtungen deutlich zugenommen.

Waren 1996 erst 28 Palliativstationen und – einheiten sowie 30 stationäre Hospize verzeichnet, vervielfachte sich die Anzahl bis April 2016 bereits auf 304 Palliativstationen und – einheiten sowie 235 stationäre Hospize ( 221 stationäre Hospize für Erwachsene und 14 Kinderhospize [4] Stationäre Hospize für Erwachsene, stationäre Hospize für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie Palliativstationen in Deutschland – Daten zur Entwicklung und zum aktuellen Stand-. … Continue reading.

Entwicklung stationärer Hospize & Palliativstationen und –einheiten (1996-2016)

 

Nach Angaben des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbandes e.V. beziehen sich diese Angaben auf stationäre Hospize gem. §39a Abs. 1 SGB V für Erwachsene, für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. In dieser Erhebung wurden Tages- und Nachthospize sowie Einrichtungen der Kurzzeitpflege nicht berücksichtigt.

Die Hospizbewegung hat sich zu einer der bedeutendsten Bürgerbewegungen in unserem Land entwickelt. Derzeit engagieren sich über 100.000 Menschen ehrenamtlich in der Hospizarbeit. Ihnen gebührt besonderer Dank und Würdigung.
Die Entwicklung ambulanter Hospiz- und Palliativdienste hat sich seit 1996 mehr als verdreifacht:

Zunehmender Ausbau ambulanter Organisationsstrukturen für Menschen in palliativer Versorgungssituation einschließlich der Einrichtung für Kinder [5] Nach Homepage´s: Deutscher Hospiz und PalliativVerbandes e.V. (DHPV), Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V. (DGP)

Genaue Zahlen für ambulante Hospizdienste liegen leider nicht vor, weil nicht alle Hospizinitiativen/ Hospizvereine im Deutschen Hospiz und PalliativVerband oder in der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin vertreten oder gemeldet sind bzw. nicht nach § 39 SGB V gefördert werden.

Auch wenn schon vieles realisiert wurde, ist eine den ambulanten und stationären Bereich übergreifende hospizliche und palliativmedizinische Versorgung noch nicht erreicht.

Insbesondere der durch das Ehrenamt getragenen Hospizbewegung als auch der sektorenübergreifenden Palliativversorgung wird angesichts zukünftiger gesellschaftlicher Aufgaben und Herausforderungen eine zentrale Bedeutung zukommen.

Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und Änderungen gesellschaftlicher Strukturen wird eine ganzheitliche Betreuung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase für unsere Gesellschaft sowohl im Hier und Jetzt als auch in Zukunft eine große Herausforderung bleiben.

Dr. Elisabeth Kohrt
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