Astrid Lindgren: Die Brüder Löwenherz

Ein heiss diskutierter Klassiker der Jugendliteratur zu Leben, Tod und Jenseits: Nangijala und Nangilama

kinderbuch-die-brueder-loewenherz-astrid-lindgrenDas Buch „Die Brüder Löwenherz“ ist ein Klassiker der Kinder- und Jugendbuch-Literatur. Verfasst von der einzigartigen Astrid Lindgren, befasst es sich mit dem Sterben, dem Tod, dem Jenseits und den Ängsten, die damit verbunden sind. Das Buch ist ein Meilenstein in diesem Genre, denn erstmalig in der jüngeren Geschichte in Mitteleuropa bereitete jemand dieses Thema jugendgerecht auf – denn bis dahin schien es undenkbar, dieses Thema an die Kinder heranzutragen.

Die Geschichte: Karl und Jonathan Löwe sind zwei Brüder von 9 und 13 Jahren, die unter sehr ärmlichen Verhältnissen aufwachsen. Karl, genannt Krümel, ist von Geburt an ein krankes Kind und wie er erfährt, wird er bald sterben müssen. Jonathan, sein kluger älterer Bruder, nimmt seinem Bruder die Angst vor dem Tod und erzählt ihm von Nangijala, einem wunderschönen Land, in dem man nach seinem Tod weiterlebt. Wider erwarten stirbt jedoch erst Jonathan, als er seinen Bruder aus einem brennenden Haus rettet. In einem Nachruf wird Jonathan als „Löwenherz“ bezeichnet. Kurz darauf fühlt Karl, dass er nicht mehr lange leben wird – und findet sich tatsächlich kurz darauf in Nangijila wieder.
Die Brüder empfinden große Freude sich in diesem Land wiederzutreffen, das wohl aus Karls Sicht zunächst eine Art Paradies sein mag: Das wunderschöne Tal, in dem auch der zuvor stets kränkliche Karl plötzlich frei von Beschwerden reiten und schwimmen und herumtollen kann. Nangijala wird das „Land der Sagen und Märchen“ genannt. Und tatsächlich währt das friedliche Nichtstun nicht lange, denn es gilt, ein großes Abenteuer zu bestehen. Die Bewohner von Nangijala werden von einem bösen Menschen unterjocht, von dem es sich zu befreien gilt. Im weiteren gibt es alles, was Sagen und Märchen auszeichnet: Treue und Verrat, die reine Liebe, Mut und Furchtsamkeit, Gut und Böse. Nach vielen aufregenden Wendungen und Verwicklungen wird das Böse überwunden.
Aber Jonathan wird im letzten Moment schwer getroffen, ihm droht die vollständige Lähmung. Jonathan erzählt seinem Bruder von Nangilama, ebenfalls einem Land von Sagen und Märchen, doch während es in Nangijila die „grausame Sagenzeit herrsche“, so sei es in Nangilima „die heitere Zeit voller Freude und Spiel“. Draufhin nimmt Karl seinen Bruder auf die Schultern und gemeinsam stürzen sie in einen Abgrund, in froher Erwartung sich in Nangilima wiederzusehen.

Man kann sich sehr täuschen, wenn man in Kinderbüchern stets nur Heile-Welt-Geschichten erwartet. Vielleicht war es die große Stärke von Astrid Lindgren, sich an ihre eigenen Sorgen und Nöte in der Kindheit so plastisch erinnern zu können, dass sie mit ihren Büchern den Kindern neue Wege weisen konnte, mit diesen Sorgen umzugehen. Und so konnte sie auch nicht den Tod auslassen. Mit „Die Brüder Löwenherz“ schuf sie eine phantasievolle Welt, die die Urängste vor dem Tod ein wenig zu mildern vermag.

Aber Astrid Lindgren war zu klug um nicht frühzeitig zu begreifen, dass sie sich mit diesem Buch viele Freunde schaffen würde. Ihr Buch erschien 1973 und löste einen Sturm der Entrüstung aus. Sogar im schwedischen Parlament wurde darüber heftig diskutiert, denn das Buch wurde von vielen so interpretiert, dass Lindgren den Suizid verherrliche. Denn schließlich war Lindgren Mitglied im Verein „Das Recht auf unseren Tod“, der sich für das Recht auf ein würdiges Sterben einsetzte und auch dafür, bei einem unheilbaren Leiden sein Leben selbst beenden zu dürfen.

„Die Brüder Löwenherz“ sind, wie alle Bücher von Astrid Lindgren, sehr phantasivoll geschrieben. Dementsprechend bieten auch dieses Buch einen weiten Spielraum der Interpretation.
Will Lindgren den Kindern – wie man böswillig unterstellen könnte – den Suizid als gangbaren Weg darstellen?
Sind Karl und Jonathan tatsächlich zwei Personen – oder nur zwei Seiten eines einzelnen? Denn schließlich ergänzen sie sich in ihren widersprüchlichen Charakterzügen sehr gut.
Und warum ist Nangijala nur eine Zwischenstation auf der Reise? Erleben Karl und Jonathan die Geschehnisse tatsächlich – oder entspringen sie vielmehr der Phantasie des sterbenden Karl, der sich auf den Tod vorbereitet und erst mit den Aufgaben, mit denen er während seines Traumes konfrontiert wird, zu einer Bejahung seines eigentlichen Todes finden kann?

Kann ich also das Buch zur Lektüre für Kinder empfehlen? Ja – aber! Die offizielle Empfehlung des Buchverlags Oetinger lautet: geeignet ab 10 Jahren. Wie so häufig bei nichttrivialen Themen liegt es in der Hand der Eltern, die Lektüre zu begleiten, offen für Gespräche zu sein. Dann ist das Buch ein anregendes Momentum, das wichtige Thema Tod und Sterben anzugehen. Voraussetzung ist folglich, dass die Eltern das Buch selbst zunächst lesen und eine Haltung dazu entwickeln. Und sich dabei auch zu prüfen, ob sie mit den dabei entstehenden Gefühlen umgehen werden können – gemeinsam mit ihrem Kind.

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Originaltitel: Bröderna Lejonhjärta
Erscheinungsjahr: S 1973, D 1973
Verlag: Oetinger
Übersetzung: Anna-Liese Kornitzky
ISBN: 978-3789129414
Seitenzahl: 240

http://www.oetinger.de/buecher/kinderbuecher/details/titel/3-7891-2941-0//////Die%20Br%FCder%20L%F6wenherz.html

Trailer zu der Verfilmung von 1977, zu dem Astrid Lindgren selbst das Drehbuch schrieb:
https://www.youtube.com/watch?v=kkqvRRvILVU

Hörspielfassung des WDR:

http://www.oetinger.de/nc/schnellsuche/titelsuche/details/titel/7704848/10998/3176/Autor/Astrid/Lindgren/Die_Br%FCder_L%F6wenherz_%282_CD%29.html

Wikipedia-Eintrag zu Astrid-Lindren:
https://de.wikipedia.org/wiki/Astrid_Lindgren

 

 

Michael Ziegert
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2 Antworten

  1. 1. Dezember 2016

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    […] sie wohnt in Köln. 2011 verfasste sie eine Hörspiel-Bearbeitung des Kinderbuch-Klassikers „Die Brüder Löwenherz“. Aktuell hat sie eine Hörspielfassung des Buches „Ein Geschenk aus dem Himmel“ der […]

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