Das Geheimnis von Riten
Auszug aus"Riten des Übergangs" von Lisa Freund, Neufassung vom August 2016
Dieser kleine Text gibt nur einen kleinen Einblick in die Kraft von Ritualen. Wer Mehr wissen will, kann in „Riten des Übergangs“ von Lisa Freund darüber lesen. Link:
Riten helfen eine Brücke zu bauen von der materiellen Welt zur inneren Erfahrung bis ins Überpersönliche. Das Geheimnis ihrer Wirkung liegt auf der spirituellen Ebene. Ein gutes Ritual hilft, Erfahrungen zu transzendieren. Dies wird in folgender Definition deutlich: Nach Lurker (Wörterbuch der Symbolik) ist der Ritus (latein. Brauch) ein kultischer Brauch. Die verschiedenen Riten eines Kultes bilden das Ritual. … Kult ist nach Lurker der äußere Ausdruck der inneren Ehrfurchtshaltung dem Göttlichen gegenüber.
Ein Ritual hat drei Wirkungsebenen:
die Sinneswahrnehmung, die gebunden ist an Raum, Zeit, Ort, Handlung. Wir nehmen die Realität in dieser Welt wahr.
die emotionale Berührung: Erfahrungen gehen tiefer. Wir lösen uns von äußeren Rahmenbedingungen, spüren uns, weinen, lachen, geben uns den Gefühlen hin. Das Durchwandern der Gefühle, auch der schweren wie Angst, Wut, Traurigkeit hat eine reinigende Wirkung. Sie löst Spannungen.
die spirituelle Dimension: So entsteht die Bereitschaft das Herz zu öffnen für eine Verbindung zum Überpersönlichen oder zu unserer innersten Essenz. Wir erleben Frieden, Freude, Liebe, und treten ein in den Raum, in dem Heilung eigentlich geschieht. Dort gibt es keine Trennung von Ich und Du – ein ganzheitliches Erleben, das Kraft gibt. Das ist der eigentliche Höhepunkt des Rituals.
Jedes Ritual enthält diese drei Elemente, die aufeinander aufbauen, sich gegenseitig befruchten.
Die Kraft der Symbole
Jedes Ritual lebt von der Kraft des Symbols, das die Brücke zur transzendenten Erfahrung bildet. Das Symbol verhüllt und legt zugleich bloß. Voraussetzung für dessen sinnvollen Gebrauch ist die Übereinkunft der Gruppe, die das Ritual ausübt über die Symbolik.
Ich kann dem Kranz, den ich mit zu Trauerfeier nehme, eine tiefere Bedeutung geben, wenn ich ihn als Symbol für den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen oder als Symbol für die Vollkommenheit der Schöpfung sehe. Der „Lebenskreislauf“ ist nicht zu sehen, er ist die gewählte symbolische Bedeutung, die der äußeren Form des Kranzes inne wohnt. Wir geben dem Kranz den Sinn, mit dem wir uns innerlich verbinden. Die Form ist nur Sinnträgerin. Auf dem Kranz sind Blumen, als Zeichen der Verbundenheit oder Ausdruck der Vergänglichkeit oder Schönheit. Die Schleife auf dem Kranz symbolisiert die Unendlichkeit oder Ewigkeit, denn ihre Form ist eine Acht. Wählen wir ein Kreuz als Form verbinden wir uns mit Christus. Der Schnittpunkt zwischen Waagrechter uns Senkrechter auf dem Kreuz, könnte auch als die symbolische Vereinigung von Himmel (Senkrechte, männliches Prinzip) und Erde (Waagrechte, weibliches Prinzip) gedeutet werden. Einer Blüte, die wir darbringen, können wir mit der Wahl der Farbe eine Bedeutung geben. Sie kann eventuell für Liebe oder für Reinheit stehen. Eine Kerze kann den Weg ins Licht ausdrücken. Auch Klängen, Handlungen, Gegenständen geben wir eine symbolische Bedeutung. Die Elemente des Rituals komponieren wir zu einem Handlungsablauf mit Spannungsbogen: einem klaren Anfang, einem Höhepunkt und Ausklang. So kommen die Handlung, die überwiegend symbolisch ist, und die Symbolik der Gegenstände (die ihnen zugewiesene Bedeutung: Kerze für inneres Licht) zusammen.
Der Teufel steckt im Detail
Ein Ritual, muss gut geplant werden. Jedes Ritual hat eine ZeremonienmeisterIn, die den Ablauf überblickt, auf die Details achtet und alles regelt. Sie fällt die Entscheidungen während der Durchführung. Die innere Einstimmung auf das Geschehen von Seiten der Beteiligten ist wichtig. Sie kann sich auch in der Kleidung ausdrücken. Wir kreieren einen geschützten Raum; daher ist die sorgfältige Wahl des Ortes bedeutsam ebenso dessen Vorbereitung sowie die Gemeinschaft, klare Regeln sowie genaue Detailplanung, wenn nötig eine Erklärung der Ritualsymbole. Zum Ritus gehört das Fest. Wir feiern das Überschreiten der Schwelle essen, trinken, tanzen miteinander reden. Jetzt sind wir befreit von den Regeln, der Ordnung des Rituals.
Achtsam sein mit Energien
Im Ritual entsteht ein Energiefeld, das große Kraft haben kann. Mit diesen Kräften ist nicht zu spaßen. Damit Energien sinnvoll genutzt werden, benötigen wir Achtsamkeit und verantwortliches Handeln. Dreh- und Angelpunkt ist dabei der Brückenschlag in den überpersönlichen Raum. Nur hier gibt es das Aufgehobensein, führt Loslassen in geistige Freiheit. In den schwarzmagischen Varianten verwandelt sie sich in ihr Gegenteil in die Knechtschaft. Deshalb Vorsicht vor Menschen, die Rituale für ihren persönlichen Machtzuwachs einsetzen. Schlecht geplante, unachtsam durchgeführte Rituale erreichen selten ihren Zweck. Sie hinterlassen einen trüben Beigeschmack. Wir erinnern uns lange an das miese Gefühl dabei. Ein gutes Ritual orientiert sich an den Bedürfnissen und Interessen derer, die teilnehmen, holt den einzelnen dort ab, wo er steht, und stülpt ihm nichts über. Es ist heilsam.
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