Welch ein Kleinod: Ophelias Schattentheater

Wiederentdeckt: Michael Endes Buch mit den wunderbaren Bildern macht Mut bei einem schweren Thema

Es ist eine kurze Geschichte, in einfacher Sprache, ein wenig märchenhaft, mit großflächigen Bildern. Empfohlen ab fünf Jahren – Schublade „Kinderbuch“ auf, Buch hinein, Schublade zu.
Wer es sich so einfach macht, verpasst mit „Ophelias Schattentheater“ eine großartige, berührende und tiefsinnige Geschichte von niemand geringerem als Michael Ende. Haben Sie „Die unendliche Geschichte“ von Ende gelesen – ich meine: als Erwachsene/r? Ach, Sie meinen, das sei ein Kinderbuch, weil die Hauptfigur ein Kind ist? Dann empfehle ich Ihnen, es beizeiten noch einmal in die Hand zu nehmen.

Aber hier soll es um „Ophelias Schattentheater“ gehen. Und es beginnt so:

„In einer kleinen alten Stadt lebte ein kleines alten Fräulein mit Namen Ophelia.“

Genauso leicht liest sich das Buch bis zum Schluss, verblüffend, geht es doch um ein allgemein als schwer angesehenes Thema, den Tod. Die Sprache von Michael Ende ist auch in diesem Werk scheinbar sehr einfach. Es sind Sätze von großer Klarheit. Es sind nicht jene ziselierten, über längere diverse Nebenstrecken mäandernden Sätze, mit denen sich AutorInnen bisweilen wichtig machen möchten.
„Ich habe diesen Brief nur deshalb länger gemacht, weil ich nicht Muße hatte ihn kürzer zu machen.“, sagte Blaise Pascal schon im 17.Jahrhundert. Recht hatte er. Und Michael Ende (1929 – 1995) war ein Meister darin, Dinge behutsam auf den Punkt zu bringen. So auch in diesem 1988 erstmals erschienen Buch.

Worum es geht:
Ophelia, das kleine alte Fräulein, sollte nach dem Willen ihrer Eltern Schauspielerin werden, aber: „Dazu war ihre Stimme zu leise.“ So wurde sie Souffleuse. Irgendwann wird das kleine Theater in der kleinen Stadt, in dem sie zeitlebens arbeitete, geschlossen. Und Ophelia macht eine wundersame Entdeckung. Sie trifft auf Schatten ohne jene Wesen, zu denen Schatten üblicherweise gehören. Ophelia bietet ihnen einen Unterschlupf. Und diese bedanken sich damit, dass sie Darsteller in einem Schattentheater werden, mit dem Ophelia berühmt wird. Schließlich trifft sie auf einen sehr großen Schatten, der sich sanft als der Tod vorstellt. Und mit ihm wechselt sie hinüber in ein anderes, lichtvolles und überaus prächtiges Theater.

Und wer sich schon an der niveauvoll eingängigen Sprache von Michael Ende erfreuen kann, wird beglückt sein von den phantasiereichen, kongenialen Bildern des Malers Friedrich Hechelmann.

„Ophelias Schattentheater“ ist eines jener Werke, für das vielleicht das Wort „Kleinod“ erfunden wurde. Es bewerkstelligt wohl das Beste, das ein Buch zum Thema Tod erreichen kann: es macht Mut.

Ja, Sie können dieses Buch Ihren Kindern vorlesen, auch mehrfach. Sie dürfen es aber auch selbst genießen.


Seiten: 32
Veröffentlichungsjahr: 1988
ISBN: 3522435982
Originalverlag: Thienemann Verlag

http://www.thienemann-esslinger.de/thienemann/buecher/buchdetailseite/ophelias-schattentheater-isbn-978-3-522-43598-7/

http://www.michaelende.de/buch/ophelias-schattentheater

Michael Ziegert
Letzte Artikel von Michael Ziegert (Alle anzeigen)

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert