Heinrich Heine: Prinzessin Sabbat
Heine ist Satiriker und Kritiker seiner Zeit. Er lebte von 1797 – 1856 und gilt als einer der bedeutendsten deutschen, politischen Dichter in der Zeit des Vormärz, vor der Revolution von 1848. Er setzt sich satirisch mit Schillers Sicht des Elysiums auseinander und reduziert das Elysium auf das „Schalet“ als Götterspeise. Eine Anspielung auf den Niedergang der Hoffnungen auf Demokratie und Freiheit nach der Zerschlagung der Revolution von 1848?
Heinrich Heine
Prinzessin Sabbat, Gedicht in: Romanzero, Kapitel 44 (Auszug)
„Sittsam birgt die stille Fürstin
In der Haube ihre Zöpfe;
Blickt so sanft wie die Gazelle,
Blüht so schlank wie eine Addas.[1]Addas, erster junger Sklave, der in der Nähe von Mekka lebte, und zum jüdischen Glauben konvertierte
Sie erlaubt dem Liebsten alles,
Ausgenommen Tabakrauchen –
»Liebster! Rauchen ist verboten,
Weil es heute Sabbath ist.
»Dafür aber heute Mittag
Soll dir dampfen, zum Ersatz,
Ein Gericht, das wahrhaft göttlich –
Heute sollst du Schalet[2]Schalet oder Tscholent ist ein Eintopfgericht, das am jüdischen Sabbat als Mittagsmahl gereicht wird. Es besteht aus Graupen, Bohnen, Kartoffeln. Man kennt es auch als hessischen Dippekuchen, aus … Continue reading essen!«
Schalet, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium!
Also klänge Schillers Hochlied,
Hätt er Schalet je gekostet.
Schalet ist die Himmelspeise,
Die der liebe Herrgott selber
Einst den Moses kochen lehrte
Auf dem Berge Sinai,
Wo der Allerhöchste gleichfalls
All die guten Glaubenslehren
Und die heilgen zehn Gebote
Wetterleuchtend offenbarte.
Schalet ist des wahren Gottes
Koscheres Ambrosia,
Wonnebrot des Paradieses,
Und mit solcher Kost verglichen
Ist nur eitel Teufelsdreck
Das Ambrosia der falschen
Heidengötter Griechenlands.“
Quelle: Prinzessin Sabbat, Gedicht in Romanzero, Frankfurt am Main 1981, Original von 1851
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Fußnoten
Addas: sind Sie in Dem ganz sicher? „blühen wie ein…“ Ich hätte gelesen הדס „hadas“, „hodes“ (= 1) Myrte 2) Hadassa, die frühere Name Esthers). So wird es auch übersetzt auf Jiddisch von Ch.N. Bialik (Chaim Nachman Bialik, Lider un poemes, NY 1935: 33, Z. 26)